Es war ein sonniger Samstagmorgen, als ich mich mutig in den Flixtrain Richtung Hamburg warf – bewaffnet mit Kamera, drei Speicherkarten, und dem unerschütterlichen Glauben, dass diese Reise rein fotografischer Natur sein würde.
Spoiler: War sie nicht.
Denn kaum hatte ich meinen Platz eingenommen, rollte ein Junggesellinnenabschied ein – nein, vier! Offensichtlich war der Waggon zu einem fahrenden Sekt-Spa verwandelt worden. Die Damen waren bereits ab 9:12 Uhr in Partystimmung, schrien bei jedem Tunnel „Wooohoo!“ und fragten mich im Minutentakt, ob ich „auch so gut fotografieren kann wie dieser Instagram-Mann von der Bachelorette“. Ich machte das Einzige, was man als Hobbyfotograf in dieser Situation tun kann: Ich lächelte höflich und knipste Gruppenfotos mit Hasenohren, die sie mir als „Bezahlung“ aufs Haupt setzten.
Ich kam in Hamburg als Ehrenjunggesellin an.
Im Motel One angekommen, war der Check-In überraschend ruhig – vermutlich, weil mein Hasenohren-Diadem Eindruck machte. Ich deponierte meine Tasche, packte meine Kamera – mein treues Canon-Baby – und zog los. Ziel: epische Hamburg-Fotos, keine weiteren Junggesellen.
Erster Halt: das Rathaus. Ein majestätischer Bau mit so vielen Figuren, dass man daraus eine eigene Netflix-Serie machen könnte. Ich suchte die beste Perspektive, als mir ein Rentner mit Selfiestick fast das Auge aushakte. Touristen, ey.
Weiter zum Gänsemarkt, wo ich versuchte, die Architektur einzufangen, aber ständig in das Sichtfeld irgendwelcher Tauben geriet, die offenbar beschlossen hatten, heute besonders „fotogen“ zu sein. Zwei landeten auf meiner Kameratasche und sahen mich an, als wollten sie ein Honorar.
Dann runter zum alten Elbtunnel – architektonisch ein Traum, fotografisch ein Alptraum. Warum? Weil jeder zweite Mensch meint, man müsse beim Durchlaufen joggen, Fahrrad fahren oder Hochzeitsshootings veranstalten. Ich versuchte ein Langzeitbelichtungsbild – das Resultat war ein verschwommener Mann mit Hund, der nun aussieht wie ein Zentaur.
An den Landungsbrücken angekommen, machte ich das ikonische Foto: Möwe im Vordergrund, Elbphilharmonie im Hintergrund. Leider flog genau in dem Moment eine Möwe durchs Bild, die offenbar beleidigt war, nicht die Hauptrolle zu spielen. Sie traf mich am Kopf. Mit dem, was Möwen halt so treffen. Danke, Hamburg.
Weiter ging’s zum Jungfernstieg, wo ich versuchte, elegante Spiegelungen im Wasser zu fotografieren, aber stattdessen hauptsächlich Pärchen einfang, die sich so fest umarmten, dass man dachte, sie würden bald fusionieren. Ich wurde dreimal gefragt, ob ich ein „Pärchenshooting für Instagram“ mache. Ich sagte nein. Einer sagte: „Schade, du siehst professionell aus.“ Das tat gut. (Danke, Hasenohren.)
In der Deichstraße schlenderte ich durch die engen Gassen, atmete Geschichte, roch Fischbrötchen, und versuchte ein HDR-Foto, bis ich merkte, dass ich die Speicherkarte noch im Laptop im Motel One stecken hatte. Ich lachte kurz, weinte innerlich und fotografierte stattdessen mit dem Handy. Professionell halt.
Zum krönenden Abschluss: Nikolaifleet – das Venedig von Hamburg, nur mit mehr Backstein und weniger Gondeln. Ich fand eine Brücke mit perfektem Blick auf das Wasser, wartete auf das Abendlicht… und da kam sie wieder. Eine der Junggesellinnen aus dem Zug. „Du schon wieder! Machst du jetzt auch Hochzeitsfotos?“
Ich machte das Foto. Mit ihr drauf. Wie sie lachte.
Es wurde mein Lieblingsbild des Tages.
Fazit: Hamburg ist wunderschön, voller Motive – und voller Überraschungen. Und wer mit Hasenohren fotografiert, erlebt die Stadt noch ein kleines bisschen intensiver.
Blende 8, Verschlusszeit 1/200, und immer bereit für das Unerwartete.
Danke, Hamburg. Du warst wild. 🐰📸
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